Es ist eine tolle Erfahrung mit intelligenten und leidenschaftlichen Menschen an etwas Wichtigem zu arbeiten. Hackathons sind eine Gelegenheit, in kurzer Zeit sehr konzentriert mit Anderen zusammenzuarbeiten. Für Unternehmen und Hochschulen sind sie eine schnelle, relativ kostengünstige Methode um die Zusammenarbeit zu fördern, neue Ideen zu entwickeln und Werbung für sich zu machen.
Deshalb verwundert es auch nicht, wenn der Innovations-Abteilung eines Unternehmens nichts Besseres einfällt, als zum hippen Allheilmittel „Hackathon“ zu greifen. Das verspricht Kreativität, Produktivität und jede Menge Spaß. Die Gesellschaft des Spektakels trifft auf protestantische Ethik. Bei den Mäzenen dieses Events kommt der Tausch des Sakkos gegen ein T-Shirt gut an. Mate statt Kaffee. Warum auch nicht?
Es gibt viele verschiedene Formen die Hackathons annehmen können, der Ablauf ähnelt sich in gewisser Hinsicht: Man wirft alle Beteiligten in einen geeigneten Raum zusammen, versorgt sie mit reichlich legalen, aufputschenden Drogen und spannende Fragestellungen oder Herausforderungen, die sie selbst erarbeiten können. In der Regel werden keine Ideen abgelehnt. Die Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ansätzen macht einen Hackathon ja gerade so spannend. Das kann einige echte Vorteile haben; Menschen verschiedenen Perspektiven auszusetzen ist ein wichtiger Weg, um sie dazu zu bringen, Probleme in einem neuen Licht zu betrachten. Neue Räumlichkeiten und ungewöhnliche Themen können die Kreativität zusätzlich anregen.
In der kurzen Zeit, manchmal sind es nur 8 Stunden, wird in den seltensten Fällen die Killer-Applikation entwickelt oder gar ein reales Problem gelöst. Im besten Fall wird eine Beta-Version, die nur unter fragilen Umständen und nur minimal anders arbeitet, als die vergleichbaren Anwendungen es tun, entwickelt. Trotzdem wird so getan, als seien Hackathons das geeignete Format, um Produkte oder Services in Lichtgeschwindigkeit zu entwickeln.
Hackathons können dann ein falsches Erfolgserlebnis erzeugen. Nicht wenige Hackathons pflegen den Wettbewerbsgedanken: es gibt einen Gewinner und Preise werden vergeben. Das ist in manchen Zusammenhängen ein zusätzlicher (!) Anreiz und besonders dann legitim, wenn der Gastgeber eigene Interessen mit den Ergebnissen des Hackathons verfolgt. Unabhängig von der tatsächlichen Qualität des Projektes erhält das beste Team trotzdem einen Scheck und schon allein die Tatsache, dass die Organisation einen Hackathon veranstaltet hat, lässt sie in einem innovativen Licht erscheinen.
Es fällt nicht schwer sich vorzustellen, dass ein erwachsener Entwickler wenig Motivation verspürt, wenn ein Konzern zu kostenloser Pizza und Bier einlädt, um schnell und einfach an verwertbare Ideen zu gelangen. Ein nettes Gespräch mit dem CEO im Kumpelmodus, der sich im Kapuzenpulli von Sinn Leffers und Turnschuhen in Jugendsprache versucht, reicht nicht. Deshalb sollte von Anfang an klar sein, ob es bei dem Hackathon um eine Denk- und Programmierfabrik oder eher um einen Freiraum für eigene Ideen geht.
Zielführend betrachtet ist der Versuch, ein Problem innerhalb eines Vakuum zu lösen, jedoch eine Zeit- und Geldverschwendung. Wenn Hackathon-TeilnehmerInnen nicht über das richtige Kontextwissen und technische Know-How verfügen, kommen sie oft auf Ideen, die weder machbar noch besonders erfinderisch sind. Schlimmer noch, die den Problemen zugrundeliegende Defizite neigen dazu, in der begrenzten Zeit, in der die Ereignisse stattfinden, unerkannt zu bleiben. Hauptsache man macht lautet das Credo.
Die Erkundung der Probleme beschränkt sich auf das, was vor Ort oder online gemacht werden kann. Es ist an dieser Stelle zu schwierig und zeitaufwendig, seriöse Marktforschung zu betreiben oder Fallstudien und Finanzmodelle sinnvoll zu nutzen, geschweige denn mögliche Nebenwirkungen eines Vorschlags zu untersuchen. Lange nachdem der Hackathon vorbei ist, findet man dann heraus, dass Andere bereits etwas Ähnliches tun oder Kunden die Idee bereits vor Jahren abgelehnt haben oder das Unternehmen keinen Prototypen herstellen kann, der den eigenen Spezifikationen entspricht.
Wer sich mit Innovation beschäftigt weiß, dass alles von der harten, manchmal mühsamen Arbeit abhängt, eine vielversprechende Idee zu nehmen und sie einigermaßen arbeitstechnisch, rechtlich, finanziell, kulturell, ökologisch passend zu machen. Zwänge sind große Innovationsförderer, aber sie können auch lange Zeit in Anspruch nehmen, bis sie überwunden sind.
Hackathons lösen deshalb nur sehr selten echte, nachhaltige Innovationen aus.
Warum? In dieser Zeit passiert vieles, was KPI-hungrige Controller oder buisnesskonzeptgetriebene Projektmanager nicht auf dem Schirm haben. Ja, es geht auf einem Hackathon darum, in knapp bemessener Zeit Etwas zu entwickeln – am besten Etwas, was ein echtes Problem löst.
Deshalb ist die Frage „welche Produkte oder Services auf einem Hackathon denn programmiert worden seien“, nur oberflächlich betrachtet zielführend – viel wichtiger ist die Frage: „Was ist auf dem Hackathon passiert?“
Es gibt Vieles, was ich auf einem Hackathon machen bzw. mitnehmen kann.
Auf einem (Civic Tech-) Hackathon kann ich:
Hackathons sind erfolgreicher im Sinne der Beteiligten, wenn sie statt eines kurzen Strohfeuers, als regelmäßige Community-Aktivität durchgeführt werden. Statt des einmaligen Hochglanz-Events inklusive kostspieliger Marketing-Maschinerie ist man besser beraten, regelmäßige Hackathons zu veranstalten. Noch viel wichtiger ist es, eine Kultur der Kreativität und Offenheit zu etablieren. Das braucht Zeit. Ein Social Hack ohne Zeitbegrenzung quasi.
Ein Hackathon ist in erster Linie ein gesellschaftliches Ereignis. Wir möchten ihn vor allem auch zu einem Ort des Lernens und der Wertschätzung machen, in dem das Lösen echter Probleme, echten Spaß bereiten kann.
Interessante und praktische Gedanken, was man bei der Durchführung eines (Civic Tech-) Hackathons beachten sollte und ob DiscoTechs manchmal sinnvoller als Hackathons sind, formuliert Laurenellen McCann in ihrem Beitrag „So You Think You Want to Run a Hackathon? Think Again.„
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